Botschaft 53
Ananda Sanga, Somerset
West (South Africa), 17. Dezember 2002
Die Quintessenz des
Einführungsvortrags vor der Kriya Yoga Einweihung.
Was Kriya Yoga nicht ist:
Es ist kein körperliches
Fitness-Programm; kein Programm zur Selbst Hypnose; keine Franchise-Kette von
Pseudo-Heilern; kein Tantra-, Mantra- oder Yantra- Hokuspokus; nicht die
listige und berechnende Gehirnwäsche eines fantastischen und fanatischen Glaubenssystems;
nicht die Suche nach einem Beruhigungsmittel, Sicherheit und Trost durch Geschichten,
Hypothesen und Wunder versprechende Betrüger; keine moralischen Garantien und
auch keine dummen Predigten; keine großspurigen Phrasen, kein
"heiliges" Streben oder Paradoxien; kein philosophisches Wissen, noch
psychologische Techniken; kein Glauben und auch keine Sekte oder Kult; kein
Vorwand für Ansprüche jeglicher Art; keine Selbstanbetung, Selbstausdehnung
oder Eigenwerbung unter dem Deckmantel der Selbstverwirklichung; keine
ermutigende Aufwallung bedingter Reflexe, die von der Erziehung oder
Verpflichtungen herrühren; nicht das Weglaufen aus Beziehungen und von der
Verantwortung; keine besonderen Bräuche, Haartrachten oder Titel; keine Gewalt,
keine Bosheit, keine Abhängigkeit, auch keine Anhaftung. Es ist kein Bündel
frommer oder schöner Lügen; kein Ehrgeiz, keine Furcht, kein Neid, keine
Abhängigkeit in irgendeiner Form; es ist keine psychologische Bestechung oder
eine Erpressung von Astrologen, Wahrsagern oder eines Mediums.
Was ist Kriya Yoga:
Es ist ein Sein in
Gelassenheit und Zufriedenheit ohne ständiges Denken, das nur auf ein dumpfes
Bewusstsein hindeutet. In diesem Yoga-Leben erscheinen Gedanken diskontinuierlich,
wann und wie immer man sie braucht, in angemessener Antwort auf einen Stimulus
oder ein Problem und fällt dann von Zeit zu Zeit zur Stille (Nicht-Denken)
zurück. Das Leben mit seinen Überlebensinstinkten und seiner kreativen
Intelligenz (nicht der beschränkte Intellekt) leiten den Körper, der somit
nicht mehr der Dominanz und der Voreingenommenheit des getrennten Bewusstseins
(Verstand und Ego) ausgeliefert ist. Der Körper ist dann dem Anstand und der
Schicklichkeit eines gegensatzfreien, scharfen Himmel-Bewusstseins zugänglich
und nicht der verzerrten, verblendeten und bedrückenden Enge des ICH-Bewusstseins.
Das Leben ist dann einfach und nüchtern, voller Liebe und Mitgefühl, gegründet
auf Sinneswahrnehmung und nicht auf Sinnlichkeit; gegründet nur auf
Bedürfnisse, nicht auf Begierden und deren Befriedigung. Das Leben wird dann
durch die Kriyas des Frenulums geregelt, durch die Neutralisierung der
Einatmung durch die Ausatmung, durch die Schwingung des kosmischen Klangs am
Nabel und durch das Leugnen der Sexualität, ohne mit der sexuellen Energie in
Konflikt zu geraten, durch das Aufgeben von Hemmungen und Besessenheit sowie
Spannungen und Verdrängungen aus dem Körper durch fast mühelose Prozesse und
Übungen. Die Beendigung von Abhängigkeiten und Konflikten ist dann etwas
Natürliches. Meditation geschieht dann ohne den mutwillig Meditierenden
(Intellekt/Ego). Samadhi ist dann nicht ein diabetisches oder von Müdigkeit
generiertes Koma, sondern macht dem Meditierenden die enorme Energie von
Gleichmut, die tiefe Weisheit des Nicht-Handelns, die reinen Handlungen der
Wahrnehmung verfügbar und setzt ihn nicht mehr den trennenden Tätigkeiten aus,
die durch Konditionierung, Schlussfolgerungen, Mutmaßungen und Konflikte eines
schäbigen kleinen "ICH" entstehen. Im Samadhi ist das Leben ein
"bedeutungsloser" Tanz der sich auflösenden Energie von Shiva, nicht
die "bedeutungsvollen"
Entwürfe eines kleinen
Geistes, die zu allen Arten vorgetäuschter Probleme führen. Samadhi ist
All-Ein-Sein ohne Einsiedler zu sein, allein ohne einsam zu sein. Man steht
inmitten der Alltäglichkeit unserer weltlichen Existenz in Verbindung mit der
Heiligkeit. Im Swadhyaya des Kriya Yoga lesen wir keine heiligen Schriften;
vielmehr versuchen wir das Buch des "ICH-Seins", das Drehbuch des
Ego-Selbst zu lesen. Die Menschen haben sich Bilder/Vorstellungen und
psychologische Einbettungen religiöser, politischer und persönlicher Natur
erschaffen, die ihnen als Sicherheitszäune und Trost dienen. Diese
manifestieren sich als Symbole, Ideen und Glaubenssysteme. Die Belastung,
Fessel, Scheinheiligkeit und Kämpfe, die durch diese Vorstellungen, das
Aufwallen unserer Gehirnwäsche, von unserer dummen Erziehung und von unseren
Verpflichtungen erzeugt werden, herrschen leider über unser Denken, unsere
Beziehungen und unser tägliches Leben. Die Vorstellungen und Eindrücke sind die
Ursachen unserer Probleme, weil sie alle Arten von Spaltungen und
Zwistigkeiten, Korruption und Konflikte fördern. Swadhyaya und Tapas des Kriya
Yoga können eine Revolution und Offenbarung, eine Verschmelzung und Fülle, eine
alchemistische Veränderung im Körper und einen veränderten Bewusstseinszustand
erzeugen, der vollkommen und heilig ist. Die Einzigartigkeit des Menschen liegt
nicht in den oberflächlichen und trennenden Titeln und Identifikationen,
sondern in der völligen Freiheit vom Würgegriff der "Gunas", d.h. des
psychologischen Netzwerks des Ego-Selbst. Swadhyaya beginnt damit, dass man
alles ohne Vorlieben und Abneigungen, ohne Richtung und Verzerrung, ohne Angst
vor Strafe oder Hoffnung auf Belohnung, ohne jegliches Motiv betrachtet.
Swadhyaya prüft unsere Beziehung zu Menschen, indem es Fragen wie die Folgenden
stellt:
1. Sind wir Mitarbeiter oder einfach nur heimliche Konkurrenten?
2. Sind wir Freunde oder einfach nur subtile Feinde?
3. Sind wir Mitstreiter oder nur Mit-Feinde?
4. Lieben wir oder sehnen wir uns einfach
nur nach Ego-Befriedigung,
Abhängigkeit, Dominanz, Anhaftung, Empfindung, Gefühl?
Swadhyaya untersucht
auch unser Verhältnis zu Ideen, Wissen, Büchern, heiligen Schriften,
Prinzipien, Lehren und alle Arten von theokratischer Gaunerei. Im Swadhyaya
sondieren wir auch unser Verhältnis zu Traditionen, Nationalität, Anhaftung an
Orte, sprachliche Verbundenheit, Zugehörigkeiten zu Eigentum, Besitz,
Positionen, besonderen Geschmäckern, Status, Ruhm, Kasten, Hautfarbe,
Glaubensbekenntnissen, Rasse, Sekte, Kult, Guru, Priester, Meister und den
ganzen Rest davon. Außerdem versuchen wir, direkt durch und für uns selbst, den
Inhalt und die Bestandteile unseres Geistes zu verstehen; nicht aber mithilfe
von Psychologen, Büchern aus der Bestsellerliste, toten Begriffe, großen
Sprüche und "heiligen" Männer oder Frauen. Im natürlichen Zustand,
der sich aus den Kriya-Übungen ergibt, existiert der Geist wie Honig, nicht wie
Wasser. Wird der Honig gestört, kehrt er schnell zur Unbeweglichkeit zurück,
wohingegen Wasser durch eine Störung chaotisch wird. Wir widersetzen uns
Gedanken nicht, sondern bleiben nur uninteressiert an der endlosen Fortsetzung
der Gedanken. Im natürlichen Zustand erscheint und verschwindet alles im
Rhythmus; wir meditieren nicht, wir hindern die Meditation nur nicht daran,
dass sie geschieht. Kriya Yoga ist nicht der Yoga des Bekommens, der nur
versklavt. Kriya Yoga ist der Yoga des Aufgebens, der befreit und uns mit Liebe
erfüllt. Dann gehört uns aller Frieden, Schutz und Wohlstand. Der Gott der
Religionen ist das Produkt des Intellekts. Der Gott des Kriya Yoga ist die
Poesie des nicht-mentalen Bewusstseins ('No-Mind'). Gehört man einer Religion
an, schleppt man Ideen und Überzeugungen mit sich umher. Ein Kriya Yogi tanzt
in der Erkenntnis und Glückseligkeit. Im Kriya Yoga hören wir auf zu glauben,
dass wir etwas sind. Wir gelangen
zur Überzeugung, dass
wir Nichts sind! Im Kriya Yoga hört alles Wünschen auf, sogar die
"Wunschlosigkeit" ist kein Wunschobjekt mehr! Die hinduistische
Theorie der Reinkarnation ist nur eine Taktik, Angst und den Wunsch des kleinen
'Ich', sich Kontinuität zu geben, zu bemänteln. Im Kriya Yoga reinkarniert man
sich und wird jeden Morgen wiedergeboren. Leben stirbt nie, es ist der
materielle Körper-Intellekt, der stirbt. Im Kriya Yoga ist die Freiheit weder
banaler Ausdruck von Willkür noch Mangel an Zurückhaltung. Es ist große Demut,
da es die Freiheit von Unwissenheit und Arroganz und von den Vorstellungen und
Einflüssen bedeutet. Die Torheit der Menschen ist es, zu denken, sie seien
frei, bloß weil sie Wahlmöglichkeiten haben. Das Wählen bindet nur und
verursacht Verwirrung und Chaos. Es gibt keinen "freien Willen", es
gibt nur die Freiheit vom "Willen". »Wille« ist nur ein bequemes Wort
für das "Ego".
In Swadhyaya verstehen wir unter dem, was bindet und was
uns befreit, Folgendes:
Bindet Befreit
1.
Utopie Verstehen
2.
Gedanke Wahrheit
3.
Postulat Wahrnehmung
4.
Analyse Bewusstsein
5.
Idee Erkenntnis
6.
Besessenheit Offenheit
7.
Emotion Leere
8.
Sehnsucht Liebe
9.
Intellekt Intelligenz
10. Unwissenheit Unschuld
11. Sentimentalitäten Sinn für Proportion und Vernunft
12. Jähzorn Demut
13. Gebete Tiefe Meditation
14. Suche Sehen
15. Selbstsucht Selbstlosigkeit
16. Sinnlichkeit Sinneswahrnehmung
17. Sexualität Sexuelle Energie
18. Intellekt 'no-mind' (Intuition, Leben)
Swadhyaya offenbart auch die Natur des
konzeptionellen Selbst und des wirklichen Selbst wie folgt:
Konzeptionelles Selbst Wirkliches
Selbst
1. Fragmentierung Vollständigkeit
2. Korruption Mitgefühl
3. Dunkelheit Allwissenheit
4. Gier Gott
5. Mythos Das Heiligste
6. Wissen Erkenntnis
7. Begriffe Nichtigkeit
8. Aufruhr Ekstase
9. Eitelkeit Wahrhaftigkeit
10. Laster Tugend
11. Wort Weisheit
12. Ansammlungen Aufstieg
13. Täuschung Göttlichkeit
14. Werden Sein
15. Hoffnung Heilig
16. Glaube Segen
17. Erfahrung Existenz (Leben)
18. Erwartung Leere
19. Rhetorik Verwirklichung
20. Logik Analogie
21. Maske Melodie
22. Verbrechen Wahrheit
Kriya Yoga führt zu
Sat-Chit-Ananda. Wir leben wie ein Gast in dieser Welt. Wir sind im Bewusstsein
ruhig und wahlfrei. Wir meiden Vergnügen, um Zugang zu der Freude zu finden,
die nicht das kultivierte Gegenteil von Leid ist.
Historisch gesehen ist
Kriya Yoga sehr alt. Er findet Erwähnung im Patanjalis Yoga-Sutra. Auch die
Bhagawad-Gita soll auf dieses tief greifende Phänomen hindeuten. Es ist die
Reise von Duryodhana zu Arjuna und schließlich zu Krishna. Das heißt, von der
Gedankenlosigkeit (Dummheit) zum Intellekt/Gedanken und dann zum 'No-Mind'
(nicht mentales Bewusstsein höchsten Intelligenz). Der Familienvater aus dem
neunzehnten Jahrhundert, der Heilige Lahiri Mahashaya (1828 - 1895), weckte den
Kriya Yoga nach seiner zufälligen und wunderbaren Begegnung mit einem
geheimnisvollen Himalaya Heiligen, den er Babaji nannte, wieder zum Leben. (Es
ist üblich in Indien heilige Männer mit Babaji und heilige Frauen mit Mataji
anzusprechen). Diese Lehren wurden durch diese dynastische Linie wie auch über
einige Schülerlinien weitergegeben. Einer der Enkelschüler von Lahiri
Mahashaya, weithin als Paramahansa Yogananda (1893-1952) bekannt, gibt in
seinem berühmten Buch "Autobiografie eines Yogi" eine Schilderung
von Lahiri Mahashaya als gewaltige spirituelle Kraft, die diesen Planeten
getroffen hat und als Familienvater-Yogi fast inkognito und anonym in Varanasi
lebte. Ein weiterer Enkelschüler von Lahiri Mahashaya, Paramahansa Hariharananda,
verstarb vor nur zwei Wochen im Alter von 96 Jahren. Shibendu Lahiri, geboren
1939, Urenkel von Lahiri Mahashaya und der Lehrer der jetzigen dynastischen
Linie, reist auf Einladung seiner Studenten ohne formale Organisation oder
Institution in der ganzen Welt umher. Lahiri Mahashaya hatte von Organisationen
für spirituelle Fragen abgeraten und bekräftigte, dass die Wahrheit in Tod und
heuchlerische Reden degeneriert, wenn in Einrichtungen das Ego der Hierarchie
listig genährt wird. Die dynastische Linie erhält nur einen privaten Tempel
ohne irgendeine Form der Hierarchie. Kriya Yoga wurde von Hindus entdeckt, aber
es ist nicht ihr Monopol. Er gehört der ganzen Menschheit.
Lasst Lahiri Mahashaya den Liebling der Menschheit sein.
Jai Sadguru